N[/dropcap]ahezu im gleichen Moment drehte sich die Frau rechts von delaCruz um. In ihrer Hand hielt sie eine Automatik und feuert sofort los.
Die zweite Rezeptionistin, mit der sie im Gespräch gewesen war, prallte gegen die Wand aus Teakholz, vor der sie gestanden hatte. Sie glitt auf den Boden, ihre Augen voller Erstaunen. Und nicht mehr in der Lage, weitere Gedanken zu realisieren. Denn sie war bereits tot. Diese erste Kugel hatte ihr ein kleines, aber unendlich todbringendes Loch mitten in der Stirn hinterlassen. Der zweite Schuss traf die junge Frau, mit der delaCruz gesprochen hatte, in die rechte Brust. Sie schrie auf und sank ebenfalls hintenüber zu Boden. Aus ihrer Brust floss Blut, viel Blut. delaCruz hatte sich nahezu automatisch nach hinten abgerollt, als der erste Schuss gefallen war. Einen Moment durchzuckte es ihn, zu wissen, seine Instinkte funktionierten immer noch nahezu in Echtzeit. Das teure Sakko war im Rücken aufgerissen, als er nach seiner Waffe gegriffen hatte. Noch in der Rolle-Rückwärts -Bewegung hatte er einen einzigen Schuss absetzen können. Welcher die Frau im linken Oberschenkel getroffen hatte. Bei fast allen Rechtshändern, also ungefähr 85% der Bevölkerung war das linke Bein das sogenannte Standbein. Dies zu treffen, schwächte den Gegner deutlich mehr in seinem Vorwärtsdrang. Die Frau hatte nicht einmal geschrien, aber daraufhin eine Salve mit Streufeuer abgesetzt und war zur Tür herausgehumpelt, wo sie in einen Wagen eingestiegen war, der direkt vorm Eingang geparkt hatte. Als sie Romy auf sich zurennen sah, setzte sie einen weiteren Schuss ab. Der allerdings Meter von Romy entfernt einschlug. Die sich sofort geduckt hatte. Die Frau beschleunigte den Wagen, hielt jetzt direkt auf Romy zu. Wollte sie überfahren. Romy war blitzschnell wieder auf den Beinen gewesen, blieb stehen. Das Auto war noch dreißig Meter entfernt. Sie atmete tief durch. Zweimal. Setzte sechs Schüsse in drei Zügen ab. Die Windschutzscheibe zerbarst an zwei Stellen, hinterließ kreisrunde Einschüsse. Romy sprang im letzten Moment zur Seite, wobei sie weitere vier Schüsse in die Flanke des Wagens absetze. Eine Seitenscheibe zerbrach. Der Wagen beschleunigte, korrigierte seine Richtung und schoss in Richtung Autobahn davon.
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Marc delaCruz hatte einen kurzen Blick auf die tote Rezeptionistin geworfen, sich bekreuzigt und der zweiten Verletzten einen provisorischen Druckverband angelegt. Das Verbandszeug hatte glücklicherweise direkt an einer der Wangen des Rezeptionstresens gehangen. Er hatte zielgerichtet sowohl einen Krankenwagen gerufen, wie auch die eigenen Kollegen verständigt. In dem Moment, wo er herausgehen wollte, um nach Romy zu sehen, kam diese herein. Sie gab ihm ein Zeichen, das mit ihr alles in Ordnung war, so dass er sich weiter um die Verletzte kümmern konnte. Leise sprach er ihr beruhigend zu. Stellte hier und da Fragen, die ihr aber nicht als Fragen vorkamen.
Minuten später war der Vorplatz des Hotels von unzähligen Blaulichtern erleuchtet. Als die junge Frau vom Sanitätsteam übernommen wurde, lächelte sie ihm tapfer zu. Er lächelte zurück, dachte aber nur an seine Sandrine.