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uf ihren Mann war Verlass. Er war jemand, der zu einhundert Prozent in der Lage war, angedachte Visionen und Phantasien Wahrheit werden zu lassen. Wenn nicht er, dann keiner. Sie liebte ihn für seine Gradlinigkeit, seinen sehr schnellauffassenden Verstand, seine tief in ihm steckende Empathie, seine urplötzlich auflodernden Potenz, ach ihre Liste, was sie alles an diesem Mann vorzüglich fand, war keine kurze.
Weitere Gedanken in ihrem Kopf kreisten um den Epirus. Das war dieser wundervolle Teil West-Griechenlands, den sie seit vielen Jahren in innigster Liebe in ihr Herz aufgenommen hatte. Dort, am südlichen Rand des weit über 120 Kilometer langen Pindosgebirges, wo es in das Agrafa-Gebirge überging, würden sie fortan leben. Sich ein eigenes, modernes Weingut aufbauen und endlich Trauben nach ihrem eigenen Gusto veredeln.
Catherine stammte aus einer alten Weinbauerfamilie. Was sicherlich eine kleine Untertreibung war, handelte es sich doch um ein formidables Weingut im südlichen Herzen Burgunds. Sie und ihr Bruder Jean leiteten diese Domaine, seitdem beide Eltern kurz hintereinander verstorben waren. Beide Geschwister waren sich aber zu häufig in wesentlichen Fragen uneins. Was nicht, nie und nimmer, zu Streit führte, aber dennoch den Schatten einer dunklen Wolke über diesem Weingut hängen ließ. Während Jean den konservativen, althergebrachten, und in seinen Abläufen minutiös vorgegebenen Alltag eines Winzers leben wollte, sich nicht für Veredelung und neue Technologien interessierte, war Catherine diejenige, die immer, überall und nicht resignierend neue Wege beschritt, neue Technologien einführte und dank ihres Studiums als Önologin mit dem Abschluss eines Diplom-Ingenieurs für Weinbau auch im Veredeln der Weinstöcke Potential und Zukunft sah.
Ihr Mann, sie waren jetzt ein dreiviertel Jahr verheiratet, dieser Mann war bereit gewesen, seine in Aussicht gestellte Karriere als gehobener Staatsdiener für diesen Lebenstraum aufzugeben. Sie hatte ihn vor der Hochzeit mit banger Stimme gefragt, ob und wie er sich sein Leben mit ihr vorstellen könne. Seine Antwort, kurz und prägnant, hätte sie auf einen kleinen Einkaufszettel schreiben können. Ja, er sei sich der schwierigen Zukunft mit ihr bewusst und im Herzen dankbar, diese mit ihr zu begehen.